4.5 - Schmuck und Kleidung des Pharaos TutanchamunSchmuck war im Alten Ägypten in allen Formen äußerst beliebt. Männer, Frauen und Kinder trugen Armreifen, Halsketten, Halskragen, Ringe und Ohrringe. Die begehrtesten Edelsteine waren Lapislazuli, Karneol und Türkis. Insbesondere Edelmetalle wie Gold und Silber konnten sich meist nur Angehörige der Oberschicht leisten. Schmuck diente bei weitem nicht allein der Zierde, sein wahrer Wert lag in der magischen Kraft, die den verwendeten Symbolen und Steinen innewohnte. Sie sollten den Träger vor Bösem schützen, Fruchtbarkeit und ein langes Leben gewähren, Krankheiten heilen, und noch vieles mehr. So ist es nicht verwunderlich, dass ein Pharao - als oberster Herr des Landes und Bewahrer der kosmologischen Weltordnung - mit den stärksten Schutzsymbolen und wertvollsten Materialien ausgestattet war, die das mächtige altägyptische Reich hervorbringen konnte. Fließende Gewänder wie Tuniken, lange Kleider und plissierte Röcke schützten die Menschen im Alten Ägypten vor der sengenden Hitze der Sonne. Die unteren Bevölkerungsschichten trugen grobere und rauhere Stoffe, manche auch nur einen Lendenschurz. Gefertigt waren diese Kleidungsstücke überwiegend aus Flachs bzw. Leinen, das aus der großflächig angebauten Flachspflanze gewonnen und verwoben wurde. Mit Pflanzenfarben war es möglich, die Stoffe zu färben, doch für gewöhnlich wurden sie in ihrer natürlichen hellbeigen Farbe belassen. Aufwändig gestickte Muster, Ornamente und Perlen zeichneten edlere Stücke aus. Der Königsornat besaß außerdem eine eigene Symbolik, die nur dem Pharao vorbehalten war. Selbst Sandalen wurden vom gemeinen Volk nicht immer getragen, man war durchaus auch mal barfuß unterwegs. Als Beamter, Adliger oder Mitglied der Königsfamilie besaß man aber natürlich standesgemäßes Schuhwerk, gefertigt aus Leder, Papyrus oder anderen natürlichen Materialien. Unter den im Grab entdeckten Stoffen und Kleidungsstücken sind einige der am besten erhaltenen Textilien aus der Zeit des antiken Ägyptens. Tuniken, Hemden, Schärpen, Röcke, Lendenschurze, Hals- und Kopftücher, Hauben, Gürtel und Handschuhe - aber auch spezielle Einzelstücke wie der lederne Brustharnisch des Königs oder Fragmente von "Sem"-Priestergewändern aus Leopardenfell. Viele der Textilienreste konnten allerdings nicht mehr vor dem Verfall gerettet werden. Die über 200 einzigartigen Schmuckstücke des Grabes verdeutlichen die immense Pracht, die einem Pharao zuteil wurde - und sind in Wahrheit wohl nur ein Bruchteil dessen, was dem jungen Herrscher eigentlich mit auf die letzte Reise gegeben worden war. Aufgrund der Beschriftungen auf den Schmuckschatullen, die den ursprünglichen Inhalt genau aufführten, schätzte Howard Carter, dass etwa 60% des königlichen Schmucks von den antiken Grabräubern geplündert worden war. Aber selbst der verbleibende Rest stellt einen der größten Schätze dar, die jemals entdeckt wurden - und lässt das erhabene Erscheinungsbild eines altägyptischen Herrschers aus der Vergangenheit wieder auferstehen. |
|
- Skarabäus-Armspange -Wohl von Kindheit an trug der Thronerbe und spätere Kindpharao Tutanchamun edelsten Schmuck. Darauf weist diese besondere Armspange durch ihre geringe Größe und die deutlichen Gebrauchsspuren hin. Anders als manch anderes Stück aus dem Grabschatz wurde sie also nicht extra für die Beerdigung angefertigt, sondern als Kind von ihm getragen. Sie besteht aus qualitativ hochwertigem Gold mit Einlagen aus Lapislazuli, Karneol, Türkis, Quarz und farbigen Glasperlen. Das zentrale Motiv bildet ein als erhabenes Relief gearbeiteter Skarabäus aus Lapislazuli, der auf der Armspange ruht. Skarabäen sind Abbildungen eines Käfers namens "Heiliger Pillendreher", der u.a. in fast ganz Afrika verbreitet ist. Dieser formt nach der Paarung eine Kugel aus Dung und rollt sie rückwärts laufend vor sich her, bis er sie an geeigneter Stelle im Boden vergräbt. Das Weibchen legt die Eier an die vergrabene Kotkugel, von der sich die Larven später ernähren. Den alten Ägyptern galt dieses Tier als göttlich, denn es wurde mit "Cheper", der Erscheinung des Sonnengottes Re als aufgehender Sonne assoziiert, der die Sonnenkugel im Lauf des Tages über den Himmel rollt. Als Sinnbild für Auferstehung und Selbsterneuerung war es auf Schmuckstücken weit verbreitet. Der Skarabäus als die Hieroglyphe "Cheper" ist außerdem Teil des Thronnamens Tutanchamuns ("Neb-Cheperu-Re"), weshalb er uns unter den Stücken der Grabausstattung besonders oft begegnet. Die Seiten der Armspange sind mit einem Ornament aus jeweils zwei Mohnblüten aus eingelegtem Karneol, zwei Goldrosetten und einer Alraunenfrucht aus Quarz verziert. Zusammen mit anderen königlichen Besitztümern wurde der Armreif in der Kartuschentruhe aus der Schatzkammer gefunden. Aufgeklappt wurde er durch ein Scharnier, verschlossen durch einen Bolzen, den man durch die kleine Öse auf der anderen Seite steckte. |
|
- Entenkopf-Ohrringe -Ebenfalls in der Kartuschentruhe fanden sich insgesamt 5 Ohrringpaare. Darunter diese in Vogelform, die zu den schönsten gehören, die aus dem Alten Ägypten erhalten sind. Der Ohrpflock an der Oberseite, den man zum Befestigen durch das Ohrläppchen steckte, besitzt zwei Verschlusskappen aus Quarzscheiben. Eine der Scheiben wird jeweils von zwei Uräusschlangen flankiert und so zum Symbol der Sonnenscheibe. Im Innern dieser Sonnenscheibe befindet sich ein winziges, gemaltes Abbild von Tutanchamun. An zwei blauen ringförmigen Ösen hängt das zentrale Motiv der Ohrringe herab, ein Falke mit Entenkopf. Die farbenfroh mit Quarz, Kalzit, Fayence und Glas eingelegten Falkenflügel breiten sich ringförmig aus und berühren sich oben an ihren Spitzen, so dass in ihrer Mitte ein fast perfekter Kreis entsteht. In dieser Mitte sitzt der Entenkopf aus halbtransparentem, blauem Glas. Die waagerecht gestreckten Greifvogelklauen wiederum halten zwei "Schen"-Ringe, Symbol für die Ewigkeit. An der goldenen, verzierten Leiste unterhalb der Schwanzfedern ist ein Draht befestigt, der den Anhänger aus geometrischen Mustern und zylindrischen Perlenschnüren trägt. 5 Uräen am Ende der Schnüre bilden den unteren Abschluss der Ohrringe. An der Mumie Tutanchamuns ist deutlich zu erkennen, dass er Ohrlöcher besaß. Es wird vermutet, dass er die im Grab gefundenen Stücke bereits als Kind getragen hat. So fein und hochwertig gearbeitet, waren sie einst sicher eine passende Ergänzung zum royalen Ornat des Kindkönigs, und leuchteten auch aus der Ferne in den charakteristischen Farben Ägyptens. |
|
- Königs-Ohrringe mit Uräen -Ein weiteres der 5 erlesenen Ohrringpaare aus der Kartuschentruhe . Die Ohrpflöcke ähneln denen der Entenkopf-Ohrringe, die Verschlusskappen sind jedoch etwas dünner und nur mit einem Kreismuster aus Glas und Karneol eingelegt. Vermutlich wurden sie auch von jeweils einem Uräen-Paar flankiert, davon ist allerdings nur noch eine einzige der Schlangen erhalten, aus verkrustetem Gold und mit Sonnenscheibe auf dem Kopf (hier ganz links oben). Das zentrale Motiv der Ohrringe ist dagegen unversehrt. Ein stilisierter Falke mit ausgebreiteten Schwingen, dessen Form mit Karneol eingelegt, bemalt und mit durchsichtigem Quarz überzogen wurde, bildet das Bindeglied zu dem großen Ring aus (teils stark angelaufenem) Gold darunter. In der Mitte dieses Ringes, der rundherum mit Perlen aus Gold, Karneol und Glas verziert ist, steht eine Karneol-Figur des Königs. Karneol konnte durch seine rote Farbe u.a. Feuer und Blut, Stärke und Macht symbolisieren. Flankiert wird die Figur von mit Glas und Kalzit eingelegten goldenen Uräen mit Sonnenscheibe, Zeichen der Macht und des Schutzes des Pharaos. Die kleine Königsfigur trägt zwei pharaonische Insignien: An ihrer Stirn befindet sich eine weitere, winzige goldene Uräusschlange, und in ihrem rechten Arm hält sie einen dünnen Krummstab aus Golddraht, das "Heqa"-Herrschaftszepter. Das Figuren-Ensemble steht auf dem bunt eingelegten "Heb"-Zeichen, der Hieroglyphe für "Fest". Vom Perlensaum hängen schließlich noch sechs Kugelschnüre aus Glas, Karneol und Gold herab, die in größeren Perlen-Anhängern enden. |
|
- Goldener Armreif mit Türkis und goldenes Armband mit Lapislazuli -28 Armreife, Armringe und Armspangen wurden im innersten Sarg bei Tutanchamuns Mumie gefunden, 15 davon trug der tote König an den Armen. Diese beiden sind zwei davon, sie befanden sich am linken bzw. rechten Vorderarm. Die Unterseite des linken Exemplars besteht aus 4 goldenen, halbkreisförmig gebogenen Papyrushalmen, die an 3 Stellen zusammengebunden sind. Die Papyrushalme enden in 4 Papyrusblüten an den Seiten des Armreifs; zwischen und neben ihnen sprießen 5 noch nicht erblühte Papyrusknospen aus Gold und Elektrum. Das Ornament an der Oberseite ist mit spiralförmigen und geometrischen Mustern aus winzigen Goldperlen und Golddraht verziert. In der Mitte befindet sich ein leicht hervorstehender Türkis, eingelegt in Goldfassung. Der Halbedelstein Türkis galt als heiliger Stein der Göttin Hathor und als Sinnbild des Himmels. Indem man den kleinen Bolzen aus dem seitlichen Verschluss zog und den Armreif am Drehscharnier der anderen Seite aufklappte, konnte man ihn bequem anlegen. Der flexible Teil des rechten Armbands besteht aus 9 Perlensträngen, alle aus Gold bis auf den mittleren, hier wurden Perlen aus blauem Glas und Karneol verwendet. Das zentrale Element bildet eine goldene Scheibe, verziert mit Mustern, die denen des linken Armreifs stark ähneln. Sie gruppieren sich kreisförmig um eine Einlage aus Lapislazuli. Auch Lapislazuli war ein begehrter Halbedelstein im Alten Ägypten, seine tiefblaue Farbe glich dem Nachthimmel und sollte göttliche Eigenschaften besitzen. |
|
- Armband mit Horusauge -Ein weiteres edles Armband des toten Pharaos, es steckte am rechten Vorderarm der Mumie. Der flexible Teil besteht aus 9 Reihen Gold-, Fayence- und Glasperlen. Das symbolische Motiv des Armbands ist ein Horusauge, auch "Udjat"-Auge genannt, aus tiefrotem Karneol. Es ist die altägyptische Hieroglyphe für "intakt, vollständig, gesund". Die Form und die Augenbraue sind dem menschlichen Auge nachempfunden, während die Linien darunter der Zeichnung eines Falkenauges entsprechen. An der Vorderseite des Auges befindet sich eine Uräus-Schlange, die die Doppelkrone Ober- und Unterägyptens trägt. Verschlossen wurde das Armband wiederum durch einen kleinen Bolzen, den man durch die kleine Öse auf der Seite steckte. Eine Inschrift auf der Rückseite lautet in etwa: "Herr der Zwei Länder, Abbild des Re, Neb-Cheperu-Re, Herrscher über alles Richtige, ihm wurde wie Re das ewige Leben gegeben." Das Horusauge ist das linke Auge ("Mondauge") des Horus, das er laut Mythos im Kampf mit dem Gott Seth verlor. Mit Hilfe von Hathor, Thot oder anderen Gottheiten, je nach Überlieferung, erlangte er sein Auge jedoch heil und gesund wieder zurück. Dieses Auge war das Sinnbild für alles, was mit Vervollständigung und Heilung zusammenhing, war aber auch mit Schutz, Vollkommenheit und Macht verbunden. Es war eines der häufigsten magischen Amulette, ein Symbol als Schutz gegen alle vorstellbaren Gefahren. Außerdem sollte es dem Verstorbenen die Fähigkeit verleihen, nach außen zur aufgehenden Sonne hin zu blicken. Darüber hinaus wurde es auch noch zur Berechnung für Hohlmaße benutzt, dabei werden die Bruchzahlen mit Teilen des Auges angegeben. Die einzelnen Teile entsprechen bestimmten Bruchzahlen, die in der Addition 63/64tel ergeben. Das fehlende Vierundsechzigstel wurde von Thot laut Überlieferung nicht wiedergefunden. |
|
- Armreif aus Elfenbein und Armspange aus Kalkstein -Verstreut auf dem Boden der Seitenkammer des Grabes, vergraben unter unzähligen aufeinandergestapelten Artefakten, kamen nach und nach etliche Kleinteile zum Vorschein. Auch diese beiden Stücke waren darunter. Der linke Armreif besteht aus Elfenbein, in das Rillen zur Verzierung gefräst wurden. Auf beiden Seiten des Armreifs sitzt jeweils eine Plakette aus Bronze mit Einlegearbeiten aus Gold. Hier zu sehen ist der Thronname Tutanchamuns, während auf der Rückseite der König in Gestalt eines Löwen einen asiatischen Feind niedertrampelt und von einer geflügelten Göttin beschützt wird. Die Armspange rechts besteht aus kristallinem, marmorähnlichem Kalkstein, in den ein rautenförmiges Muster aus Lapislazuli eingelegt wurde, umrandet von dünnem Gold. Howard Carter bezeichnete die beiden Stücke in seinen Aufzeichnungen übrigens als Fußringe, was allerdings im Nachhinein bezweifelt wurde. Fest steht nur, dass das Überstreifen des linken Exemplars über einen normalen Fuß unmöglich erscheint, da es sich nicht öffnen oder biegen lässt. |
| - Drei Ringe aus den Mumienbandagen Tutanchamuns -Die Schmucksammlung, die Tutanchamun ins Jenseits mitgegeben wurde, umfasst auch Aberdutzende von Fingerringen. Allein 13 davon fand Carter beim Entfernen der Mumienbandagen auf den Handrücken des toten Königs liegend, darunter auch diese 3 Ringe. Die Oberseite des Doppelrings aus transparentem, hellgrünen Chalzedon (oben links) ist graviert mit der Figur Tutanchamuns (rechte Kartusche) vor dem Gott "Min" (linke Kartusche). Min war der Gott der männlichen Zeugungskraft und Fruchtbarkeit. Die männliche Potenz nimmt in seiner Abbildung mit geschlossenen Beinen und erigiertem Phallus sichtbare Gestalt an. Seinen rechten Arm hebt er angewinkelt nach oben und in seiner Hand hält er eine Geißel. Auf seinem Haupt trägt er eine Krone mit zwei aufragenden Federn und einem langen Band, das ihm über den Rücken nach hinten fällt. Auch der goldene Ring mit Skarabäus aus milchigem Chalzedon (unten links) war Teil dieser Gruppe. Auf der Unterseite der Schaufläche (hier nicht sichtbar) wurde der Gott "Thot" eingraviert, der in seiner linken Hand ein "Udjat"-Auge hält, und in seiner rechten ein Ankh. Thot war Gott des Mondes, der Schreibkunst, der Magie, der Zeit und der Wissenschaft. Ebenso galt er auch als Helfer der Toten, denen er bei ihrer Reise durch die Unterwelt zur Seite stand. Der Dreifach-Ring mit Skarabäus (rechts) ist der aufwändigste dieser Gruppe. Hier leider nur von einer Seite zu sehen, besteht er aus drei durch Golddraht miteinander verbundenen Ringen, die zu beiden Seiten in einer Papyrusblüte aus blaugrünem Feldspat sowie zwei flankierenden Blüten aus rotem Karneol enden. Auf der kartuschenförmigen Oberseite des Rings sitzt mittig ein Skarabäus aus Lapislazuli, der eine kleine goldene "Atef-Krone" trägt. Am Ende seines Kopfes sitzt eine goldene Barke, die die Mondscheibe trägt; auf der anderen Seite (auf dem Bild links zu sehen) breitet ein Falke seine beschützenden Schwingen aus. Auf dem Kopf des Falken ruht eine Sonnenscheibe aus Karneol, die Flügel sind mit grünem Feldspat und Lapislazuli eingelegt. Der Gott "Re-Harachte", eine Erscheinungsform des Sonnengottes Re, wird meist falkenköpfig mit Sonnenscheibe auf dem Haupt dargestellt. Somit stehen sich Mond und Sonne auf dem Ring gegenüber. Auf der Unterseite der Schaufläche (hier nicht sichtbar) sind erneut der Gott "Thot", dieses Mal mit einer Mondscheibe auf dem Kopf, sowie der Thronname des Königs eingraviert. |
© 2010 - 2012, Janis Purucker | | | Impressum/Kontakt |